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Die junge Ukrainerin Marija, spielt von Emilia Schüle, kommt nach Deutschland um den an Demenz erkrankten ehemaligen Verleger Curt (Günther Maria Halmer) zu pflegen. Klingt zwar wie eine große Aufgabe, wird aber zu einer echten Herausforderung, vor allem, als er glaubt sie sei seine verstorbene Ehefrau. Kinostart „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“: 22. Juli 2021

STORY:

Um Geld für ihre Familie daheim in der Ukraine zu verdienen, kommt Marija (Emilia Schüle) nach Deutschland. In seiner alten Villa soll sie sich rund um die Uhr um den an Demenz erkrankten Curt (Günther Maria Halmer) kümmern. Landet aber im zwischenmenschlichen Minenfeld einer deutschen Familie – deren fragile Dynamik sie nun, ganz unfreiwillig, gehörig durcheinander bringt. Curts Tochter Almut (Anna Stieblich), die in den letzten Jahren für ihn gesorgt hat, fühlt sich von ihrem Vater nicht wertgeschätzt, ihr Kontrollwahn hält sie aber davon ab loszulassen. Curt wiederum beginnt, Marija für seine früh verstorbene Frau Marianne zu halten, und wähnt sich zunehmend in längst vergangenen Zeiten. Marija lässt sich auf das skurrile Spiel ein und wird für Curt immer mehr zu Marianne. Zurückversetzt in das Lebensgefühl der 70er Jahre entwickelt der alte Herr eine ganz neue, ungeahnte Lebensfreude – wäre da nicht auch eine tief vergrabene, schmerzliche Erinnerung. Als dann auch noch Almuts Bruder Philipp (Fabian Hinrichs) auftaucht, der bisher so wenig wie möglich mit Curt zu tun haben wollte, nun aber die Nähe zur bildhübschen Marija sucht, beginnen die Dinge komplett aus dem Ruder zu laufen.

Daten zum Film:

Familiendrama
Deutschland, 2020
mit Günther Maria Halmer, Emilia Schüle, Fabian Hinrichs, etc.
Freigegeben ab 12 Jahren*
Laufzeit: Ca. 109 Minuten
FILMWELT VERLEIH
OT: „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“

* Ich würde sagen, dass der Film schon an der Grenze zur 12 ist… Einige Szenen können es unter Umständen rechtfertigen, doch der meiste Teil ist eher ab 6 Jahren einzusortieren. Vielleicht könnte man einen Kompromiss bei 10 Jahren schließen.

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Die Haupt-Charaktere:

Günther Maria Halmer
als 
Curt

Emilia Schüle
als 
Marija

Fabian Hinrichs
als 
Philipp

Anna Stieblich
als 
Almut

Darsteller und ihre Rollen:
Günther Maria Halmer: Curt
Emilia Schüle: Marija
Fabian Hinrichs: Philipp
Anna Stieblich: Almut
Hede Beck: Heidrun Reimers
Sina Bianca Hentschel: Svenja
Yanina Lisovskaya: Tinja
Ricky Watson: Fred Jobelo (Krankenpfleger)
u.a.

Günther Maria Halmer, 1943 in Rosenheim geboren, ging nach der Schule zunächst für längere Zeit ins Ausland und arbeitete unter anderem zwei Jahre lang als Bergwerksarbeiter in Kanada. 1967 kehrte er nach München zurück, besuchte dort die Otto-Falckenberg-Schule und gab 1969 am Münchner Residenz-Theater in Marieluise Fleißers „Pioniere in Ingolstadt“ sein Schauspiel-Debüt. Seitdem trat er unter anderem am Wiener Theater in der Josefstadt auf und unternahm zahlreiche Theatertourneen. 1975/76 wurde Halmer als Tscharlie in Helmut Dietls Kult-TV-Serie Münchner Geschichten besetzt – der Beginn einer Ausnahmekarriere, die mittlerweile knapp 140 Film- und Fernsehproduktionen umfasst. So drehte Günther Maria Halmer für das Fernsehen, um nur einige zu nennen, mit renommierten Regisseuren wie Klaus Lemke (Ein verhexter Sommer, 1989), Michael Verhoeven (Die Mutprobe, 1982), Nico Hofmann (Quarantäne, 1989), Manfred Stelzer (Trennungsfieber, 1999), Thorsten C. Fischer (Zwei übern Berg, 2010), Rainer Kaufmann (im preisgekrönten Drama Marias letzte Reise, 2004; in Der Polizist und das Mädchen, 2018; und in der Kinokomödie Eine ganz heiße Nummer 2.0, 2019), Joseph Vilsmaier (Der Meineidbauer, 2012) oder Sherry Hormann (Wir lieben das Leben, 2018). Darüber hinaus spielte er in zahlreichen Episodenrollen u.a. des Tatort, war in den 1990er Jahren etwa der populäre Anwalt Abel oder später auch in Michael Verhoevens Die schnelle Gerdi und die Hauptstadt (2003) zu sehen. Zuletzt für das Kino spielte Günther Maria Halmer u.a. in Lars Kraumes FAMILIENFEST (2015), Sonja Maria Kröners SOMMERHÄUSER (2017) und den Familienfilmen ENKEL FÜR ANFÄNGER (2019, Wolfgang Groos) und MAX UND DIE WILDE 7 (2020, Winfried Oelsner). Zudem war er in zahlreichen internationalen Produktionen zu sehen, darunter Richard Attenboroughs GANDHI (1982), SOPHIES ENTSCHEIDUNG (1982), als KZ-Kommandant Höß in dem TV Mehrteiler War and Remembrance (1988) und als evangelischer Pastor Dibelius in Costa-Gavras‘ Der Stellvertreter (2002).

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Emilia Schüle, geboren 1992 in Russland und als Kind mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen, feierte ihr Fernsehdebüt bereits mit 14 Jahren mit Lars Kraumes vielfach ausgezeichnetem GUTEN MORGEN, HERR GROTHE (2006). Schon kurze Zeit später erlangte sie mit Ute Wielands FRECHE MÄDCHEN (2008) und weiteren Jugendfilmen wie Rainer Matsutanis GANGS (2009), FRECHE MÄDCHEN 2 (2010) und Mike Marzuks Musical ROCK IT! (2010) bei zunächst jüngeren Zuschauern größere Bekanntheit. Der Durchbruch bei einem breiten Publikum gelang ihr schließlich mit dem Tatort – Wegwerfmädchen und dessen Fortsetzung Das goldene Band (beide 2012), in dem sie als Opfer sexuellen Missbrauchs zu sehen war. Es folgten Kinofilme wie Ute Wielands BESSER ALS NIX (2014), eine Synchronrolle in DRACHENZÄHMEN LEICHT GEMACHT 2 (2014), Oskar Roehlers TOD DEN HIPPIES! ES LEBE DER PUNK (2015) und die erste Kino-Hauptrolle in Özgür Yildirims BOY 7 (2015). 2015 begeisterte Emilia Schüle das Fernsehpublikum in Ku’damm 56 – gefolgt von Ku’damm 59 (2018) und demnächst Ku’damm 63 –, genau wie 2017 in der historischen Serie Charité. Und wie im Fernsehen folgten für Emilia Schüle auch im Kino eine prägnante Rolle auf die nächste, so etwa in Alain Gsponers Literaturadaption JUGEND OHNE GOTT (2017), Martin Schreiers TRAUMFABRIK (2019), Maggie Perens HELLO AGAIN – EIN TAG FÜR IMMER (2020), Stefan Ruzowitzkys Hesse-Verfilmung NARZISS UND GOLDMUND (2020) und zuletzt Karoline Herfurths WUNDERSCHÖN (2020).

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Fabian Hinrichs, geboren 1974 in Hamburg, arbeitet als Schauspieler, Autor und Produzent. Er studierte zunächst in Hamburg Rechtswissenschaft, später Schauspiel an der Folkwang Universität der Künste, Politikwissenschaft in Berlin sowie Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Geschichte und Philosophie. Sein erstes Theaterengagement führte ihn ans Schauspielhaus Bochum, anschließend folgte von 2000 bis 2005 ein Engagement an der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, wo er mit Regisseuren wie Leander Haußmann, Frank Castorf, Christoph Schlingensief und René Pollesch zusammenarbeitete. Seit 2005 spielt er an Bühnen wie u.a. den Münchner Kammerspielen, dem Schauspiel Köln, dem Burgtheater Wien, den Wiener Festwochen und dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Für seine Theaterarbeit wurde Fabian Hinrichs vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Alfred Kerr-Darstellerpreis und dem Ulrich-Wildgruber-Preis, 2020 wurde er von „Theater heute“ bereits zum zweiten Mal zum „Schauspieler des Jahres“ im deutschsprachigen Raum gewählt. Seit 2008 produziert er auch eigene Theaterproduktionen und schreibt Essays, unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Seit 2003 ist Fabian Hinrichs zudem auch aus Film und Fernsehen nicht mehr wegzudenken. So feierte er sein Kinodebüt mit Dito Tsintsadzes Thriller SCHUSSANGST (2003) und wurde mit Marc Rothemunds Drama SOPHIE SCHOLL – DIE LETZTEN TAGE (2005) einem breiten Publikum bekannt. Es folgten u.a. Kinofilme wie Maximilian Erlenweins Ophüls-Gewinner SCHWERKRAFT (2009) – für den auch Fabian Hinrichs einen Max-Ophüls-Sonderpreis für seine schauspielerische Leistung erhielt –, 66/67- FAIRPLAY WAR GESTERN (2009), Lars Jessens HOCHZEITSPOLKA (2010), Doris Dörries ALLES INKLUSIVE (2014), STEREO (2014) oder Oliver Haffners WACKERSDORF (2018). Und auch im Fernsehen kann Fabian Hinrichs sich heute über eine große Fangemeinde erfreuen – so sorgt er seit 2014 nicht nur mit seiner Darstellung des Hauptkommissars Felix Voss im ,Franken‘-Tatort für Begeisterung, sondern in den letzten Jahren auch in Filmen und Serien wie Kilian Riedhofs Der Fall Barschel (2015), Elmar Fischers Unterm Radar (2015), Stefan Ruzowitzkys und Michael Krummenachers Sky-Endzeit-Serie 8 Tage (2019) oder zuletzt Christian Werners Irgendwann ist auch mal gut (2019). 2021 übernimmt er zusammen mit Nadja Uhl den Hauptpart in der sechsteiligen ARD-Serie Z.E.R.V.

Anna Stieblich, geboren 1965 in Bremen, stand nach ihrer Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover als Theaterschauspielerin an verschiedenen Theatern in Deutschland und in der Schweiz auf der Bühne. So spielte sie nach festen Engagements am Stadttheater Luzern und am Staatstheater Wiesbaden in verschiedenen Theater- und Perfomanceprojekten mit, darunter „Der Gott des Gemetzels“ als Tourneeproduktion durch über 50 Städte oder „Penthesilea zu Haus“ im Neuen Museum Berlin. Seit Ende der 1990er Jahre wirkte sie zudem in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen mit. So sah man sie in Episoden-, Haupt- und Nebenrollen in TV-Reihen wie Tatort, Polizeiruf 110, Soko Leipzig und Küstenwache, in Fernsehfilmen wie Buket Alakus‘ Der Hodscha und die Piepenkötter (2015), Bettina Woernles Männer lügen nicht (2009), Das letzte Wort (2013) von Didi Danquart – mit dem sie zuvor bereits in den Kinofilmen OFFSET (2005) und BITTERE KIRSCHEN (2011) zusammengearbeitet hatte –, und in der WDR-Serie Phoenixsee (2016/2019). Im ARD-Überraschungserfolg TÜRKISCH FÜR ANFÄNGER, der zunächst als Serie und 2012 unter der Regie von Bora Dagtekin sehr erfolgreich im Kino lief, spielte sie die Mutter Doris. Weitere Kinofilme, in denen Anna Stieblich in den letzten Jahren zu sehen war, sind zudem u.a. Sönke Wortmanns Romanverfilmung SCHOSSGEBETE (2014) und ICH BIN DANN MAL WEG von Julia von Heinz (2015).

Sharks Filmreview

Wer denkt sich eigentlich solche Filmtitel aus? „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ – zwar erklärt sich dieser Titel irgendwie im Film, doch muss ich ehrlich gestehen, dass mich das als objektiver Betrachter eher abschreckt. Ich erwarte hier ein sehr künstlerisches, vielleicht auch sogar ein Special-Interest-Produkt. Doch am Ende handelt es sich bei diesem Film um ein unterhaltsames Familiendrama mit schönem, oft versteckten Humor. Es gibt kleine Situationen, die ich der Filmkunst zuordnen würde, aber es ist keineswegs so speziell, dass die Zielgruppe stark eingegrenzt werden müsste. Zwischenfazit: Furchtbarer Titel, guter Film!

Im Prinzip spielt sich fast alles im Haus des Hauptprotagonisten Curt ab und sowohl er, als auch Emilia Schüle als ukrainische Pflegerin Marija haben die mit Abstand meiste Screentime. Günther Maria Halmer gehört schon länger zu meinen deutschen Lieblingsschauspielerin, weil er zum einen über enorm große schauspielerische Fähigkeiten verfügt und gleichzeitig Humor und Ernsthaftigkeit ausstrahlen kann. Er verkörpert den ehemaligen Verleger und Workoholic großartig und ich könnte mir keine bessere Besetzung vorstellen. Ebenso ist es auch bei der weiblichen Hauptdarstellerin Emilia Schüle, die mal wieder eindeutig unter Beweis stellt, dass sie mit Recht für den Bambi („High Society“) nominiert wurde und für zwei Tatort-Episoden 2014 die Goldene Kamera erhielt. Die Geschichte um den an Demenz erkrankten Mann ist sicherlich nicht bahnbrechend, doch versprüht der Filme eine gekonnte Mischung zwischen ernstem Hintergrund, anspruchsvollem Humor und kleinen sehr intensiven Randszenerien und Inhalten.

Ich bin sehr positiv von diesem Film überrascht und zum Glück habe ich mich nicht vom Titel abschrecken lassen. Ich hätte etwas verpasst, so viel kann ich eindeutig behaupten. Die sehr unterhaltsamen 109 Minuten sind vielleicht nicht für Jedermann geeignet, doch wer deutsche Filme mag, dem sei „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ sehr zu empfehlen.

HaiHaiHaiHaiHai

Fazit:

Sehr unterhaltsamer Film! Eine gekonnte Mischung aus ernstem Thema, unterschwelligem Humor und einem handfesten Familiendrama, dargeboten von einem tollen Schauspielensemble um Günther Maria Halmer.

Text: The Shark, Filmwelt Verleihagentur
Fotos:  © Filmwelt Verleihagentur
Daten/Infos: Filmwelt Verleihagentur, Wikipedia, IMDb
Video: YouTube – Channel: Movie-Shark – Copyright: Filmwelt Verleihagentur

Der Artikel „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ enthält Werbung!